Monte Rosa
SAFETY AND ACCURACY OF BLOOD GLUCOSE MEASUREMENT IN HEIGHTS
ABOVE 3 000 METER AND TEMPERATURES BELOW 0 ° C ON A HIKING TRIP
WITH INSULIN - DEPENDENT DIABETICS
U. Thurm and R. Landgraf, Diabetes Centre, University Clinic,
Munich, Germany The aim of this study was to evaluate the accuracy
of self testing of blood glucose on a hiking trip to the Vincent
Pyramid (4215 m) and establish practical guidelines for insulin
- dependent diabetics to hike safely. Six diabetic hikers , age
between 26 to 45 years with a diabetes duration between 5 - 41
years and six age, sex and hiking experienced matched control
persons took part in this expedition. Before and after every hike
blood glucose, lactate, blood pressure, pulse rate and fluid intake
was measured. On the hike the diabetics and non - diabetic control
persons measured blood glucose every two hours with four blood
glucose meters and collected 20 ml blood in an end to end capillary
in a prepitted hemolysate sample. Below 4 000 m the average difference
between the four blood glucose meters ( Basic, Glucotouch, One
Touch II and Profil ) and the laboratory results was 13.5%. We
found differences regarding the testing skills of the participants
and divided all hikers in two groups regarding experience and
accuracy in the use of the four Lifescan meters. The self - monitored
blood glucose results differed in the experienced group by 11±
% from the laboratory results and by 16 ±% in the less trained
group in heights from 1 950 m to 3 650 m and temperatures up to
- 15 ° C. Above 4000 m the average difference of the four blood
glucose meters to the laboratory control was 46 ±%. There was
no difference between the diabetic and the non - diabetic hikers
regarding lactate, adaption to the height, blood pressure, fluid
intake or pulse results. All diabetics reduced their short - and
long - acting insulin between 20 - 50 % and increased their carbohydrate
intake up to 300 %. During the whole trip no severe problems occured
regarding the diabetes treatment. The meters tested in our study
proofed to be reliable under those extreme conditions below 4
000 meters, but the users of the blood glucose meter have to undergo
an intensive training and education programme to learn how to
use their meter properly.
Die Lifescan Monte Rosa Tour 1996
...und wie das Ganze eigentlich begann...
Den Anstoß zu dieser doch recht ungewöhnlichen Studie gab Prof.
Dr. med. Rüdiger Landgraf auf dem Sport und Diabetes Symposium
am 21. Oktober 1995 in München. Nach dem sehr spannenden Erfahrungsbericht
von Saerens Joris, der zusammen mit zwei weiteren Typ - I - Diabetikern
eine Besteigung des Mont Everest Basislagers erfolgreich in Angriff
genommen hatte, entbrannte eine heftige Diskussion. Neben Fragen
der Insulindosisreduktion, der Aufbewahrung dieses doch recht
frostempfindlichen Hormons und Erhöhung und Art der Kohlenhydratmengen
stellte sich allen Symposiumsbesuchern ein bisher noch völlig
ungelöstes Problem - wie reagieren die Blutzuckermeßgeräte in
solchen Höhen und bei diesen extrem eisigen Temperaturen. Großes
Schweigen erfüllte den Hörsaal, bis Prof. Landgraf, als Chairman
der Veranstaltung zum Mikrophon griff und die anwesenden Damen
und Herren der Pharmaindustrie aufforderte, doch einmal etwas
zur Lösung dieser Fragestellung beizusteuern. Eine Reaktion ließ
nicht lange auf sich warten. Schon kurze Zeit später meldete sich
das Institut für Beratung und Training von Dr. Helmut Schmidbauer
bei mir. Ihr Auftraggeber, die Firma Lifescan, hatte sich kurz
entschlossen sofort dazu entschieden, dieses heiße Eisen in Angriff
zu nehmen. Wir, die IDAA ( International Diabetic Athletes Association
) als der Pool für alle sportbegeisterten Diabetiker wurden gefragt,
ob wir bei einer gemeinsamen Besteigung der Vincent Pyramide mit
von der Partie wären. Nun ja, ich war gerade aus Papua Neuguinea
zurückgekehrt, wo wir erfolgreich den weltweit ersten Tauchkurs
für mit Insulin behandelten Diabetiker erfolgreich über die Bühne
gebracht hatten ( s. Bericht im Diabetesjournal März 1996 ). Nun
also von einem Extrem zum Anderen - von der Tiefe in die Höhe.
Da uns der One Touch II in den Tropen bei teilweise + 40 ° C und
90 % Luftfeuchtigkeit nicht im Stich gelassen hatte, war ich recht
zuversichtlich, daß die vier Lifescan Blutzuckermeßgeräte auch
ihren Höhen- und Kältetest bestehen würden und so willigte ich
mit Begeisterung ein. Ach ja, daß die Typ - I - Diabetiker der
IDAA diese Herausforderung mühelos bestehen würden, hatte ich
nicht für einen Sekundenbruchteil in Zweifel gezogen. Ich sollte
glücklicherweise in beiden Punkten Recht behalten. Damals hatte
ich mir jedoch als gebürtige Flachländerin, der Kahle Asten ist
gerade mal 841m hoch, auch noch keine Gedanken darüber gemacht,
was "richtiges" Bergsteigen wirklich bedeutet - ich hatte noch
nie eine Gletscherspalte aus der Nähe gesehen. Das würde sich
ändern! Als Taucherin habe ich viel Respekt vor der Macht der
Ozeane - aber ich genieße es, schwerelos in der Tiefe der Meere
zu schweben. Jetzt sollte ich die Naturgewalt des gefrorenen Wassers
kennen und gleichzeitig ihre Schönheit und Anmut nicht minder
respektieren aber auch schätzen lernen. Doch bis es endlich am
28. August "losgehen" konnte, lag noch viel Arbeit vor uns. Nicht
nur die olympischen Sommerspiele in Atlanta haben gezeigt, daß
Diabetiker problemlos sportliche Höchstleistungen vollbringen
können ( an dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch an den
Silbermedailliengewinner im Achter ............... und den Hockeynationalspieler
Carsten Fischer ), aber jeder Erfolg ist das Ergebnis von gezieltem
Training, ausgezeichneter Vorbereitung natürlich untrennbar verbunden
mit der entsprechenden "Einstellung". Um einen Gipfel in 4.215
m Höhe erklimmen zu können, galt es im Vorfeld all diese Bereiche
perfekt zu erfüllen. Viele Tage haben wir in Augsburg im Institut
von Dr. Schmidbauer zusammengesessen - die völlige Risikominimierung
war selbstverständlich unsere oberste Priorität für alle an dieser
Studie beteiligten Probanden. Helmut Schmidbauer und Peter Borchert
als erfahrene Extremkletterer waren für die Tourenplanung zuständig
- in Theorie aber auch in Praxis, letztere in Form einer Vortour,
denn man darf nichts, aber auch gar nichts bei einer solchen Expedition
dem Zufall überlassen. Bei diesem Test sollten alle nur erdenklichen
Fehlerquellen und auch noch so hypothetisch erscheinende Risikofaktoren
aufgedeckt werden, damit dann im "Ernstfall" überhaupt nichts
mehr schiefgehen konnte. Das absolvierte Programm wurde auch auf
seine Tauglichkeit für höhen- und bergunerfahrene Teilnehmer überprüft,
denn bei unserer Expedition wollten wir bewußt eine Mischung von
extrem erfahrenen und völligen Bergnovizen kombinieren, um ggf.
für die sich so ergebenen Unterschiede bei der Insulin- und Kohlenhydratanpassung
einige konkretere Aussagen machen zu können, und vor allen Dingen
wollten wir unbedingt ausschließen, daß irgend jemand überfordert
wird. Reinhold Mesner hätte über unsere Tour sicherlich nur müde
gelächelt, die arme, völlig höhenunerfahrene Peggy mußte das Mammutprogramm
der Vortour allerdings mit einer "üblen" Nacht bezahlen. Getreu
dem Grundsatz, das schwächste Glied der Seilschaft bestimmt das
Tempo, wurde demzufolge die Tour noch etwas umgeplant, da wir
bei der Sicherheit unserer Studienprobanden nicht das kleinste
Risiko offen lassen wollten, wurde beim Zeitplan für die Höhenanpassung
der Flachländer etwas mehr "Luft" gelassen. Dieser neuen, etwas
moderateren Route versuchte ich jetzt ein Studienprotokoll anzupassen:
- wann müssen welche Messungen durchgeführt werden - Ein- und
Ausschlußkriterien der Probanden - Zusammenstellen der einzelnen
Meßgruppen mit den jeweiligen Meßleitern - Darlegen des Meßprozederes
( bei fünf Geräten Basic, One Touch II, Glucotouch, Profil und
dem Laktatmeßgerät sowie einer zusätzlichen 20 ml fassenden end
to end Kapillare für den Laborvergleichswert kein leichtes Unterfangen
) - Erarbeitung der Protokollbögen für die Meßleiter und die Probanden
Bei Raumtemperatur, mit schönem Meßtisch auf dem man alle Utensilien
ausbreiten kann, die Probanden und Meßleiter in Ruhe auf Stühlen
sitzend ihre Werte protokollieren können ein Kinderspiel - im
Schneesturm bei - 20° C auf nacktem Gletscherboden alles andere
als eine leichte Übung. Natürlich galten meine Gedanken in allererster
Linie der Sicherheit der Diabeteseinstellung, eine Unterzuckerung
am Fels oder beim Überqueren eines Gletscherfeldes darf absolut
nicht und nie passieren ! Deshalb entwickelten wir im Vorfeld
ein spezielles Diabetes- und Bergsteigertagebuch, bei welchem
Tourenplanung und Tourendokumentation mit den dazu durchgeführten
Therapieanpassungsmaßnahmen quasi synchron dokumentiert werden
sollten. ( einfügen Diabetes - und Bergsteigertagebuch ) Solche
kombinierten Tagebücher ( s. auch Diabetes- und Tauchtagebuch
Diabetes Journal März 1996/ Diabetes- und Radfahrtagebuch Diabetesjournal
Juli 1996 ) stellen alle durchgeführten Adaptationen und deren
Resultate auf individueller Basis übersichtlich dar und bieten
so wertvolle Hilfen für zukünftige Aktivitäten. Denn eine solche
Studie soll ja keine einmalige Aktion sein, sondern vielmehr mit
ihren Ergebnissen echte Hilfen für den "sportlichen Alltag" liefern.
Denn die Liste der zu berücksichtigenden Faktoren für einen insulinspritzenden
Diabetiker bei seiner Dosisanpassung der eine Bergtour plant,
ist nicht gerade klein: Faktoren, die bei einer Bergtour die Insulin-
und Kohlenhydrat-adaptationen beeinflussen: - Höhe, Dauer und
Intensität der Kletteretappe - Art und Menge der injizierten Insulindosis
- Art und Menge der zugeführten Kohlenhydrate - Tageszeit / Biorythmus/
hormonelle Wirkkurven - Trainingszustand - Berg- und Klettererfahrung,
Höhenerfahrung - Temperaturen - Witterungsbedingungen - Bodenverhältnisse
- Schwierigkeitsgrad der Kletteretappe - Art der Fortbewegung
- Gewicht des Transportgepäcks - erreichte Höhenmeter - Wiederholungskletteretappe
( Muskelauffülleffekt ) - aktueller Ausgangsblutzucker Doch neben
der ganzen Logistik mußte ja auch die entsprechende Ausrüstung
zusammengestellt werden. Mein Part mit dem Zusammenstellen der
adäquaten Sport - BE`s, Elektrolytlösungen etc. gestaltete sich
deutlich einfacher als die Koordination der kompletten Bergausrüstung
für alle Teilnehmer, für deren Kosten Lifescan aufkam. Mein "Jungfernbesuch"
in einem Trecking- und Bergsteigerspezialgeschäft weckte zum ersten
Mal wage Ahnungen von dem, was da wohl auf uns zukommen würde.
Steigeisen, Eispickel, Biwacksäcke, "Kilometer" an Seilen, Schnüren,
Karabinerhaken, Brustgeschirre ................ - ich kam aus
dem Staunen gar nicht mehr raus. Als ich an diesem Abend vom Bett
aus meine gesammelten Ausrüstungsgegenstände betrachtete, überkam
mich zum ersten mal ein leises Gefühl der Skepsis - hatte ich
die Ziele zu hoch gesteckt ?! Aber was tut man nicht alles im
Namen der Wissenschaft. Eine ganze Menge "w.." Fragen schossen
mir durch den Kopf, was tun wir, wenn.... - aber die Planung der
Schmidbauer Crew war perfekt, stimmte in jedem Detail auf den
Punkt genau - doch 29°C "warmes" Wasser in Taucherausrüstung ist
halt doch eher mein Metier. Aber es galt ja die "Mission" meines
Chefs und Studienverantwortlichen Prof. Landgraf zu erfüllen und
herauszufinden, wie diese Blutzuckermeßgeräte in Höhe und Kälte
funktionieren, dann also in dem Sinne: " Kleine Schritte für uns,
aber ein großer Schritt für diabetische Höhen- und Wintersportler"
. Spalten, Schnüre und geschundene Finger Impressionen von der
Lifescan Monte Rosa Expedition von Herbert Hausmann Es war Dienstag
morgen. Beim Aufstieg zum Passo Moro vom Saaser Tal hinüber ins
Italienische schlug das Wetter um. Dichter Nebel hüllte mich ein,
es begann zu regnen. Morgen Nachmittag wollte ich in Alagna-Valsesia
auf die LifescanMonteRosa-Expedition stoßen, die die Funktionstüchtigkeit
von Blutzuckermeßgeräten in großen Höhen bis über 4000 Meter testen
wollte. Besorgt wanderte mein Blick hinauf zum tiefgrau verhangenen
Himmel. Er hatte alle Schleusen geöffnet, es goß in Strömen. Von
Macugnaga waren es nur noch eine leichte Bergwanderung von sieben
Stunden über den Colle del Turlo ins Nachbartal oder aber mit
Bus und Bahn eine halbe Weltreise bis hinunter zum Lago Maggiore
und wieder herauf nach Alagna. Das war unmöglich bis morgen Nachmittag
zu schaffen. Ich mußte riskieren, eventuell bei Nebel und Schneetreiben
den Paß zu überqueren, um rechtzeitig meine Kameraden für die
Bergtour zu treffen. Ohne große Hoffnung auf besseres Wetter zahlte
ich meinen Verzweiflungscappucino unter dem viel zu kleinen Sonnenschirm
auf der verregneten Terrasse der kleinen Bar in Macugnaga und
stieg dem Colle del Turlo entgegen. Eine feuchte und kalte Biwaknacht
in einer halbverfallenen Almhütte begrub alle Hoffnungen auf Morgen.
Doch um Mitternacht lugte der Vollmond für einen Wimpernschlag
durch die grauschwarze Wolkendecke und kurz vor Sonnenaufgang
blinkten klar und silbern die Sterne. Meine rechtzeitige Ankunft
in Alagna-Valsesia war gesichert. Nicht nur wegen der körperlichen
Anstrengung bei dem Aufstieg von 1400 Höhenmetern mußte ich mein
Insulin reduzieren. Mit nur einer kleinen Restscheibe Brot als
Tagesverpflegung machte ich mich auf meine Fastenwanderung. Bei
strahlendem Sonnenschein stieg ich über den Colle del Turlo hinüber
nach Alagna, gewöhnte dabei meine Füße an die steifen Bergstiefel
für die anschließende IDAA-Geltschertour im Süden des Monte Rosa.
Die anderen fünf Diabetiker von der IDAA Ulrike, Peter, Ingrid,
Sigmar und Norbert kannte ich bereists von vielen früheren Veranstaltungen.
Mit Helmut, Peggi, Wolfgang und Peter vom Institut Schmidbauer,
Biggi von der Firma Lifescan und dem Expeditionsarzt Rüdiger wuchsen
wir nach kurzer Zeit zu einem Team zusammen, das lernte, seine
divergierenden Ansichten dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen, die
Meßgeräte zu testen und gleichzeitig ein positives Signal für
die tägliche Auseinandersetzung mit dem Diabetes unter nicht alltäglichen
Bedingungen zu setzen. Bequem schwebten wir mit unseren riesigen
Rucksäcken und dem ganzen Testmaterial und den Dokumentationsbögen
für die Meßergebnisse mit der Seilbahn empor zu unserem Basislager
im Rifugio Grande Halte auf 1950 Metern Höhe. Nach der logistischen
Vorbereitung für die Messungen rief uns Ulrike vor dem Abendessen
zur Generalprobe für das ständige Fingerstechen während der nächsten
drei Tage. Eingeteilt in vier Dreiergruppen testete jeder seinen
Blutzucker mit vier verschiedenen Meßgeräten und füllte außerdem
eine Kapillare für den Laborwert zur Gegenkontrolle. Mit einem
verlegenen 'Au' quittierten unsere nichtdiabetischen Kameraden
den Stich, den wir Diabetiker seit vielen Jahren täglich mehrmals
über uns ergehen lassen mußten. "Jetzt weiß ich endlich, was meine
Patienten aushalten müssen!" grummelte Rüdiger um eine Erfahrung
reicher. Verlegen betrachtete er seine malträtierten Fingerkuppen.
Die ganze Prozedur dauerte beim ersten Mal ziemlich lange. Unterwegs
auf dem Gletscher unter extremen klimatischen Bedingungen müßte
es schneller gehen, wollten wir unser bergsteigerisches Ziel im
Auge behalten. "Wenn wir unterwegs wenigstens einen Tisch hätten!"
wünschte sich Rüdiger. "Du kannst dir ja einen auf den Rücken
schnallen! Du hast doch ein breites Kreuz." riet ihm Ulrike. Wir
kamen alle aus dem flachen Land, einige waren das erste Mal überhaupt
im Hochgebirge. Die ersten beiden Tage widmeten wir daher der
Anpassung an die Höhe und an die hochalpine Umgebung, denn unser
Ziel war es, möglichst der ganzen Mannschaft neben dem Messen
eine unvergeßliche Bergtour zu bieten mit einem Gipfelerlebnis
auf einem der höchsten Berge der Alpen. Am ersten Tourentag trug
uns die Seilbahn auf die 3000 Meter hohe Punta Indren. Der Rifugio
Mantova auf 3500 Metern Höhe war unser bescheidenes Tagesziel.
An der Bergstation pfiff ein eiskalter Wind und Ulrike war unter
keinen Umständen zu bewegen, das erste Meßritual unter realen
Witterungsbedingungen durchzuführen. Bequem bauten wir unsere
Utensilien in der Bar der Seilbahnstation auf und Rüdiger brauchte
nicht einmal auf seinen Tisch zu verzichten. Auf dem flachen Gletscher
mit seinem sulzigen und griffigen Firn ließ Sigmar anhalten und
lehrte unseren Frischlingen das Gehen auf diesem ungewohnten schlüpfrigen
Untergrund. Direkter senkrechten Anstieg, schräger Anstieg mit
Übersetzen, Abstieg mit Einsatz des Skistocks, Einkerben der Kanten
oder der Fersen des Bergstiefels in den Firn, bald schwirrte ihnen
der Kopf von den vielen neuen Begriffen, doch die Übungen vermittelten
ihnen die Sicherheit, die sie zwischen den Spalten unbedingt brauchten,
denn die Gefahren eines Gletschers sind groß, nur mit Können und
Vorsicht kann man ihnen begegnen. In erster Linie vertraut mit
dem Umgang mit einem Tennisschläger erregten die Tiefblicke in
die ersten Spalten bei Peggi, Biggi und Norbert Gefühle von Furcht
und Respekt, aber die Faszination dieser lebensbedrohenden Landschaft
weckte gleichzeitig ihre Neugier. Sigmar als Bergführer ging souverän
voran und sein ruhiges Vorbild vermittelte ihnen das Vertrauen
in die eigene Sicherheit, sich in diesem Gebilde aus Eis und Schnee,
Felsen und Geröll gefahrlos zu bewegen. Eine unschwierige Kletterstelle
über einen Felsabsatz war für unsere Neulinge ein schier unüberwindbares
Hindernis. Sigmar nahm sein Seil aus dem Rucksack, richtete einen
Fixpunkt her und unsere Kletterélèven meisterten im Vertrauen
auf seine Kraft und seine Ruhe in einem provisorischen Brustgeschirr
die Herausforderung des Neuen und Ungewohnten. Doch keine Ruhe
blieb ihnen, sich über ihre Leistung angemessen zu freuen. "Hier
ist ein bißchen Platz. Und zwei Stunden sind vergangen. Jetzt
wird gemessen! Herbert, Ingrid, her zu mir!" rief uns Ulrike den
eigentlichen Zweck unserer Bergtour ins Gedächtnis zurück. Die
vielfache Übung des Messens hatte die einzelnen Gruppen zu eingespielten
Teams zusammengeschweißt. Nach nur einer Viertelstunde waren die
zwölf Werte pro Gruppe protokolliert und die drei Kapillaren für
die Laborkontrolle mit Blut gefüllt und verschlossen. "Die nächste
Messung ist an der Hütte!" drohte noch Ulrike, bevor wir über
das Geröll der Moräne weiterstolperten. 3500 Höhenmeter als höchster
Meßpunkt sollte für unseren ersten kurzen Gewöhnungstag ausreichen.
Zurück zum Rifugio Grande Halte erfanden die nicht Ausgelasteten
ähnlich dem modischen Beachball eine neue Variante des olympischen
Volleyball, bei der der Ball auf einer holprigen Bergwiese vor
der Hütte über ein ausrangiertes Wäscheseil der Wirtin geschlagen
wurde. Durch zünftige Sprinteinlagen mußten die Spieler beim Alpine
Ball immer wieder verhindern, den Ball aus einer nahen Schlucht
angeln zu müssen. Leider wird sich dieses Spiel international
nicht durchsetzen, denn es wurde auf fast 2000 Metern Höhe in
Europa erfunden und ist somit für das US-Marketing nicht von Interesse.
Bei Capuccino, Tee und Mineralwasser, denn Ulrike hatte uns absolutes
Alkoholverbot auferlegt, das sie streng überwachte, feierten wir
abends den ersten Tourentag. Vor dem Tourenerfolg hatten die Götter
viel Schweiß gesetzt. Gleich auf der ersten flachen Gletscherzunge
ließ Sigmar am nächsten Morgen anhalten. "Hier seilen wir an und
gehen als Seilschaft weiter." Unser zweiter Tourentag stand ganz
im Zeichen einer minimalen alpinen Grundausbildung mit dem Schwergewicht
auf dem Anseilen auf einem Gletscher und dem Gehen in einer Seilschaft.
Die diabetischen Teilnehmer nutzten die Gelegenheit zu einer schnellen
inoffiziellen Messung zwischendurch, bevor sie sich in den verwirrenden
Kampf mit den vielen Gurten und Schnüren stürzten. "Wie herum
gehört der Sitzgurt?" "Was brauch ich denn, um Brust- und Sitzgurt
miteinander zu verknüpfen?" "Ich krieg' den blöden Karabiner mit
Sicherheitsverschluß nicht auf!" Fragen über Fragen strömten auf
Sigmar ein, der hoffnungslos überfordert gewesen wäre ohne die
selbstverständliche Unterstützung der alten Berghasen. Manch einer
unserer Neulinge verlor die Übersicht, doch aufmunternde Erklärungen
halfen bereits im Vorfeld über aufkeimende Verzweiflungsausbrüche
hinweg, so daß wir uns schließlich alle in zwei Sechserseilschaften
in Reih und Glied geordnet über die Spaltenbrücken bewegten. Als
es an dem Felsaufschwung bereits wieder hieß: "Seil ablegen!"
hatten wir unsere Greenhorns zu Adepten geweiht. Unser Expeditionsarzt
Rüdiger war ganz weiß im Gesicht und hatte die Schleußen seines
Körpers vorne und hinten weit geöffnet. Trotz aller Vorsicht hatte
die ungewohnte Höhe seinem Körper die Grenzen gezeigt und die
Hütte war für ihn leider Endstation. Der Sauerstoffmangel warf
uns zu einem unruhigen und kaum erholsamen Schlaf auf unsere Lager.
Die Nacht war eng, unbequem und kurz, zudem machte die ungewohnte
Höhe uns allen zu schaffen. Nachts flockten die dünnen Wolken
in der niedrigen Temperatur in kugeligen Schneekristallen aus.
Gefrorener Tau überzuckerte die Felsen in der Umgebung des Rifugio
Mantova, doch als uns gegen vier Uhr der Wecker unerbittlich aus
der fast schlaflosen Nacht riß, hatte sich ein schwaches Hoch
hatte sich über unser Tourengebiet ausgebreitet und ein klarer
Sternenhimmel versprach die wichtigste Voraussetzung für einen
perfekten Tourentag. Noch vor dem Frühstück kommandierte uns Ulrike
gnadenlos zur ersten gemeinsamen Messung. Schlaftrunken stolperten
wir in den Aufenthaltsraum. Nur unser Doktor durfte sich noch
einmal auf die andere Seite drehen, doch empfand er es eher als
eine Strafe und nicht als eine Gnade. Kurz nach dem Aufbruch kam
auch für Norbert leider das Aus mit Kopf- und Magenschmerzen.
Enttäuscht mußte er höhenkrank zur Hütte zurückkehren, um Rüdiger
Gesellschaft zu leisten, denn gegen diese heimtückische Krankheit
ist nur ein Kraut gewachsen: Umkehren und Absteigen oder zumindest
nicht höher steigen. Jeden kann es über 3000 Metern urplötzlich
erwischen, ob gut oder weniger gut trainiert, ob Diabetiker oder
Nichtdiabetiker. In der Morgenkälte stolperten wir über die Felsblöcke
der Moräne zum ersten Gletscheraufschwung. Als Sigmar das Kommando
zum Anseilen gab, wurde es allmählich hell. Der gestern geübte
Kampf gegen die Schnüre und Schlingen begann. In zwei Fünferseilschaften
zogen wir gemächlich als letzte Gruppe hinter den Morgensprintern
her. Weit vor uns markierten sie als kurze Seilwürmer den Aufstieg.
"Schaut' einmal nach vorn. Dort, wo sich der Gletscheraufschwung
zurücklegt, wo unser Aufstieg flacher wird, müssen wir mit den
ersten Spalten rechnen." erklärte ich meinen Seilpartnern. "Dort
fließt der Gletscher über eine Kuppe in den Steilhang und das
spröde Eis reißt an seiner Oberfläche auseinander." Der Firn war
griffig und sicher stiegen wir hinter Sigmar her, der langsam
und gleichmäßig das Tempo angab. "Die riesige Spalte links von
uns zieht quer vor uns nach rechts. Auch unsere Aufstiegsspur
geht nach rechts bis wir eine Brücke finden, auf der wir sie überqueren
können." "Was heißt das: eine Brücke?" wurde ich gefragt. "Die
Spalte ist dort so schmal, daß sie der Schnee im Winter zugedeckt
hat. Durch das ständige Gefrieren und Wiederauftauen hat er sich
zu hartem Firn verfestigt, so daß wir drüber gehen können." "Und
das trägt uns?" "Genau weiß man das nie! Deshalb seilen wir uns
an, damit ihr mich halten könnt, falls ich einbreche." "Und wenn
wir dich nicht halten können?" "Das könnt ihr. Ihr seid doch zu
viert und ein socher Spaltensturz ist selten hart. Oft rutscht
man nur ein bischen bis zur Hüfte und dann haltet ihr mich schon.
Wichtig ist, daß ihr das Seil zwischen euch straff haltet, damit
ich nicht erst in Fahrt komme. Alleine oder ohne Seil über einen
verfirnten Gletscher zu gehen ist allerdings bodenloser Leichtsinn,
denn man weiß nie, ob man festes Eis oder nur etwas Firn mit viel
Luft unter seinen Sohlen hat." Nach dieser Erklärung straffte
sich das Seil merklich. Vorsichtig ging ich an dem Spaltenrand
entlang. "Schaut her!" Mit meinem Eispickel sondierte ich den
Untergrund. "Hier kann ich meinen Pickel nur einige Zentimeter
einrammen, dann stoße ich schon auf festes Eis. Aber hier!" Ich
sondierte etwas weiter zur Spalte hin. Mein Pickel verschwandt
fast mühelos bis zum Heft im weichen Firn. "Das ist die große
Spalte, an der wir entlanggehen. Sie ist jetzt mit Firn geschlossen,
aber der trägt nicht. Wenn ihr genau hinschaut, könnt ihr erkennen,
daß der Firn über der Spalte eine kleine Mulde bildet, die davorne
unsere Spur kreutzt." Ein schwarzes Loch so groß wie ein Fußball
gähnte trügerisch neben unserer Aufstiegsspur. Unter der Spaltenbrücke
konnten wir die Tiefe erahnen. "Macht einen großen Schritt und
tretet gleich hinüber auf's feste Eis!" wies ich meine Seilschaft
an. Am rettenden Ufer hielten wir kurz an. Blau und kalt schimmerte
es aus dem Innersten des Gletschers herauf. Fragile Eiszapfen
aller Größen hingen unter der gegenüberliegenden Wächte. Der wilde
Gletscherbruch mit seinen massigen Eistürmen lag bereits glitzernd
in der Sonne. Die Seracs suggerierten Festigkeit und Dauer und
doch konnten sie jederzeit polternd in die Tiefe stürzen. Wie
die Jahresringe einer Eiche erzählten die Eisschichten die Historie
der Niederschläge der vergangenen Jahre. Ein Gletscher ist ein
lebendes Wesen, das mit frischem Schnee in der Höhe genährt ständig
in Bewegung nach unten fließt, wo das alte Eis als schmutziges
Schmelzwasser weiterfließt, um im Tal aus den Mineralien des Gebirges
fruchtbare Böden anzuschwemmen. Ich blickte kurz auf meinen Höhenmesser.
3950 Meter. Die magische Zahl von 4000 war fast erreicht. Wir
gingen langsam und gleichmäßig. Niemand in meiner Seilschaft hatte
bisher Probleme mit der Höhe. Im Sattel wartete Sigmar in der
Sonne auf uns. "Herzlichen Glückwunsch!" Einige schauten mich
verdutzt an. "Ulrike, Peter, Peggi und Biggi haben das erste Mal
in ihrem Leben die 4000-Metermarke überschritten!" konnte ich
unseren Neulingen verkünden, doch Ulrike ließ sie nicht lange
die Euphorie auskosten. "Das feiern wir gleich mit einer Meßorgie!"
rief sie uns zur Tagesordnung zurück und wir zeigten gute Miene
zu dieser ersten Meßreihe 4000 Meter über dem Meer und quetschten
Blut aus unseren zerstochenen Fingerkuppen. Über einen letzten
Steilhang stiegen wir zum Gipfel. Beim Austieg auf den schmalen
Grad trieb uns ein eisiger Wind Eiskristalle ins Gesicht. Nur
noch wenige Schritte über den leicht verwächteten Grad und zehn
Teilnehmer der Lifescan-Expedition standen auf dem 4215 Meter
hohen Gipfel der Vinzentpyramide. "Berg Heil! Prima! Gut gemacht!"
Wir umarmten uns und beglückwünschten uns gegenseitig. Jeder strahlte
und freute sich über seine vollbrachte Leistung. "Erst die Pflicht!"
rief Ulrike. Doch die Meßgruppen hatten sich bereits versammelt
und versuchten in der eisigen Luft aus ihren klammen Fingern einen
Tropfen Blut auf die diversen Meßstäbchen zu bringen. Wir waren
alle interessiert, ob die Meßgeräte auch unter diesen extremen
Bedingungen Werte lieferten, die so plausibel waren, daß wir sie
zur Steuerung unseres Diabetes auf 4215 Metern gebrauchen konnten.
Die ersten Geräte fielen zwar aus, aber das Gros lieferte Werte,
die als plausibel eingeschätzt wurden. Vielleicht ist es uns gelungen,
mit dieser gemeinsamen Besteigung der Vinzentpyramide ein Symbol
zu setzen für die Verwirklichung der Ziele der Vinzentdeklaration,
um den Diabetikern durch bessere Versorgung und Aufklärung mehr
Mut zu geben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Gegenüber
am Lyskamm stieg eine Seilschaft aus sechs bunten Punkten über
den steilen ausgesetzten Grad zum Gipfel empor. Über dem Sattel
zwischen Lyskamm und Balmenhorn ragte ein ganz ungewöhnlich breites
flaches Felsdreieck empor. Wir blickten direkt auf das Matterhorn,
nur nicht von seiner meist fotografierten Seite. Im Norden der
langgezogene flache Grad war der Hörnligrad, der bei den Bilderbuchansichten
vom Gornergrad als steiler Aufschwung die senkrechte Nordwand
von der brüchigen Ostwand scheidet. Doch von hier blickten wir
direkt auf die Ostwand, Stufe um Stufe begrenzt vom italienischen
Grad im Süden. Unser Blick schweifte weiter über den massiven
Klotz des 'Weißen Berges' nach Süden. Ein starker Wind bließ uns
ins Gesicht. Dunst zog auf, der den Blick über das Aostatal auf
den Gran Paradiso verschleierte. Nach einigen Fotoaufnahmen mahnte
Sigmar: "Es wird Zeit, daß wir absteigen. Herbert, kannst du derweil
'mal dein Seil herrichten? Und die ander'n ziehen ihre Steigeisen
an. Es ist ziemlich steil hinunter." Eine Bergtour ist erst im
Tal gut und erfolgreich beendet. Die Sicherheit wurde deshalb
beim Abstieg genauso groß geschrieben wie beim Aufstieg. Bei einem
kurzen Zwischenstop am Rifugio Mantova lasen wir Norbert und Rüdiger
auf, die beide froh waren, daß es endlich wieder nach unten in
dickere Luft ging zum Länderspiel Deutschland gegen Italien im
Alpine Ball vor dem Rifugio Grande Halte. Die Monte Rosa Expedition
war viel mehr als eine medizinische Studie, ein amerikanischer
Teilnehmer der Vortour schildert seine Eindrücke wie folgt: Monte
Rosa is more than a mountain - it is an adventure: incredible
views of the highest mountains in Europe, a chance to challenge
yourself physically and mentally and win new relationships and
new friends. For me Monte Rosa will always be a place of the heart.
Dave Brunk Doch wieder zurück auf dem Boden der Tatsachen müssen
wir uns jetzt an die Auswertung der eigentlichen "Mission" und
Fragestellung unserer Studie begeben: wie haben die Bltuzuckermeßgeräte,
besser gesagt die Qualität und Genauigkeit der gemessenen Werten
unter diesen Extrembedingungen gearbeitet. Hier ein Protokollbeispiel:
Einfügen Kopie.xls Die von uns angeführte Hilfstabelle zur Berechnung
von therapeutisch relevanten Abweichungen ist selbstverständlich
nur wie es der Name schon sagt als Hilfe zu verstehen, wir wollen
uns keinesfalls in irgendeiner Weise anmaßen, festzulegen, wann
Blutzuckerabweichungen als therapeutisch relevant anzusehen sind.
Diese groben Festlegungen haben wir nur getroffen, um irgendeine
Basis zu haben, die erhobenen Daten auf ihre Abweichungen hin
zu untersuchen und graphisch darzustellen. In diesem Sinne sind
diese Abweichungsgrößen wirklich als Zahlen "ohne Gewähr" und
reines graphisches und prozentuales Hilfsmittel zu verstehen.
Ein Ergebnis der Studie ist, daß keines der Geräte auf über 4215
m und einer Temperatur von -20 ° C noch zuverlässig gearbeitet
hat. Die dort gemessenen Ergebnisse haben wir aus der Errechnung
der prozentualen Abweichungen herausgenommen, da man unter solchen
Bedingungen nicht mehr von einer zuverlässigen Blitzuckermessung
sprechen kann. Die konkreten Abweichungen ergaben bei den untersuchten
Geräten folgende Abweichungen: Blutzuckermeßgerät prozentuale
Abweichung 4215 m/ -20° C Profile 28 % Basic 37 % One Touch II
36 % Glucotouch 80% Totalausfall ( 2 Geräte lieferten Werte) 24
% Die von den Blutzuckermeßgeräten gemessenen Blutzuckerwerte
lagen zu über 80% unter dem vom Labor bestimmten Vergleichswert,
das hieß im konkreten Fall, daß fast alle unsere nicht - diabetischen
Kontrollpersonen auf dem Gipfel hypoglykämische Werte gemessen
hatten und die Not - BE`s der Diabetiker verschlungen haben. Ein
mit Vorsicht auszusprechender Rat für Diabetiker, die z.B. eine
Himalayaexpedition planen wäre, schon bei deutlich niedrigeren
Blutzuckerwerten ( z.B. 160 mg % ) einen Azetontest durchzuführen.
Natürlich bleibt dann noch die Frage zu klären, wie genau die
Azetonmessung unter solchen Extrembedingungen ist. Das heißt,
auch im Bereich Diabetes und Extrenbergsteigen bleiben immer noch
Fragen ungeklärt. Doch für den Hobbyalpinisten und Skifahrer,
der Höhen über 4 000 m nicht permanent überschreiten möchte, hat
unsere Studie ergeben, daß die von uns getesteten Geräte Profile,
Basic, One Touch II und Glucotouch in Höhen unter 4 000 m auch
bei extrem kalten Witterungsbedingungen ( bis - 15 ° C ) noch
Werte liefern, die durchaus als verlässlig und genau bezeichnet
werden können. Allerdings lieferte auch diese Monte Rosa Expedition
noch ein Nebenergebnis, daß für die Schulung der Patienten von
entscheidender Bedeutung sein könnte. Auf unserer Tour traf sich
ein bunt zusammengewürfelter Haufen Diabetiker und Nichtdiabetiker,
die folgerichtig auch deutliche Diskrepanzen in der Vertrautheit
mit der Blutzuckermessung im allgemeinen und den von uns getesteten
Geräten im speziellen aufwiesen. Bei der sorgfältigen Aufarbeitung
der Daten stieß ich auf diese doch erheblichen Unterschiede, und
unterteilte die 12 Bergkameraden in zwei Gruppen, Gruppe 1 war
sehr routiniert im Umgang mit den Lifescan Geräten, Gruppe 2 war
deutlich weniger oder gar nicht mit diesen Geräten vertraut. Die
Gegenüberstellung der Abweichungen und Meßdaten dieser beiden
Gruppen zeigte ein ganz erstaunliches Resultat: einfügen Dia 2.xls
Die Konsequenz läßt sich an dieser Graphik überdeutlich ablesen:
Je besser die Diabetiker mit ihrem Gerät vertraut sind, desto
genauer und zuverlässiger sind auch die von ihrem Gerät gemessenen
Blutzuckerwerte. Das heißt für alle bergbegeisterten Diabetiker,
zu jeder Tourenplanung gehört unbedingt ein sicheres Beherrschen
ihres Meßgerätes, und wie für alle Bergtouren gilt auch für die
dazugehörige Meßerei: Gute Schulung und Einweisung sowie Übung
machen den Meister! Nur so gelangt man selbst und auch der Blutzucker
sicher auf den Gipfel. Zum Abschluß noch einige generelle Tips
für Diabetiker, die es in die Höhe zieht, zusammengestellt nach
unserer Monte Rosa Expedition von dem Tourteilnehmer Peter Hornig:
"Das Bergwandern steht heute eigentlich allen Gruppen offen. Untrainierte
haben aufgrund der hervorragend ausgebauten Wanderwege in den
alpen genauso die Möglichkeit, die bergwelt zu erschließen, wie
die Trekking- oder Outdoor - Spezialisten. Denn nicht nur die
körperliche Fitness profitiert von einer Wander- oder Trekking
- Tour. Auch die Psyche tankt hierbei neue Kraft. Sind manche
Kletterpassagen, Anstiege oder Flußüberquerungen auch anstrengend
- sie bleiben am Ende einer Tour im Gedächtnis zurück als einzigartiges
Glücksgefühl, als Balsam für die Seele. Ob man nun in den hochalpinen
Landschaften des Himalaya, in der Einsamkeit der kanadischen Wildnis
oder einfach in einem Gebirgstal der Alpen die Seele baumeln lassen
kann, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur das Einswerden mit der
Natur, das Selbstentdecken und das Bewußtwerden, daß Diabetes
und Bergwandern sich nicht ausschließen, sondern sich ergänzen
können. Anstrengung, Höhe, Sonne und starke Temperaturschwankungen
fordern den gesamten Organismus und stellen ihn auf die Probe.
Die Höhe erfordert daher eine Akklimatisierungsphase. Während
der ersten Tage im Gebirge sollte man sich nicht überanstrengen
( Hier gilt: weniger ist mehr ! ). Bei einem Urlaub in den Bergen
sollte daher die Ernährung noch ausgewogener und gesünder sein
als zu Hause. Es empfiehlt sich, morgens ein kräftiges Frühstück
zu sich zu nehmen. Darüberhinaus ist es angebracht, für eine größere
und sehr snstrengende Bergwanderung wie unsere Monte - Rosa -
Expedition zusätzliche Verpflegung einzuplanen. Ein reichhaltiges
Picknick und gut gefüllte Taschen ( die obligatorische Sport -
BE darf nicht fehlen - Trockenobst, Müsli- oder Sportriegel -
kohlenhydrat- und mineralstoffreich ) sollten unbedingt eingeplant
werden. Das Abendessen sollte ebenfalls kohlenhydrathaltig sein,
hier bieten sich Gerichte mit Kartoffeln, Nudeln oder Reis an.
In großen Höhen sollte man unbedingt viel trinken. Der Tagesmindestverbrauch
liegt etwa bei 1,5 Litern, da man, selbst wenn man nur seht wenig
schwitzt, über die gesteigerte Atmung in der kalten Luft viel
Flüssigkeit verliert. Aufgrund des niedrigeren Sauerstoffgehaltes
der Bergluft kommt es zu einem schnelleren Herzschlag als üblicherweise.
Mit Hilfe der regelmäßig durchgeführten Pulsmessungen konnte festgestellt
werden, daß der Ruhepuls bei allen Beteiligten in der Höhe anstieg.
So waren Ruhepulswerte in einer Höhe von 3.600 m über 100 Herzschläge/
min. keine Seltenheit. Dieser erhöhte Pulsschlag führt zu einer
schnelleren Atmung und somit auch zu einer verstärkten körperlichen
Betätigung, die mehr Energie erfordert - dadurch kann aber bei
Diabetikern eine Unterzuckerung hervorgerufen werden. Bei einem
gesunden Menschen wird deshalb für die Dauer der körperlichen
Belastung die Insulinabgabe aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse
auf ein verträgliches Maß gedrosselt. Auch für Menschen mit insulinpflichtigem
Diabetes ist daher die natürlichste Lösung, vor einer körperlichen
anstrengung die Insulindosis zu reduzieren. Dies ist bei einem
gut geschulten Diabetiker mit intensivierter Insulintherapie oder
Insulinpumpentherapie leicht möglich und führt bei regelmäßigen
Blutuckerselbstkontrollen kaum zu Problemen. Ein wichtiges Thema
für Diabetiker sollten die Wanderschuhe sein. Gerade für Diabetiker
sollte gelten: Lassen Sie sich gut beraten und vor allem Zeit
beim Kauf der Wanderschuhe. Der Schuh sollte 100% ig passen, denn
genau darauf kommt es am Ende an, um Verletzungen am Fuß ( Blasen,
Abschürfungen ) zu vermeiden. Paßt der Schuh trotz dicker Socken
und dünner darunter ? Berühren die Zehen den Wanderschuh auch
dann nicht, wenn man schräg steht ( bergab ) ? Füße schwellen
durch längeres Wandern/ Laufen an, deshalb kauft man Wanderschuhe
am besten gegen Abend. Wanderschuhe sollten rechtzeitig vor dem
Reiseantritt gekauft werden, dess es braucht seine Zeit, den Wanderschuh
einzulaufen. Viele Schuhfabrikate besitzen heute ein herausnehmbares
anatomisches Fußbett, das durch ein orthopädisches Fußbett ersetzt/
ausgetauscht werden kann."
Kommentare der Teilnehmer:
"Mein Alltag mit Beruf als Sportlehrerin, 2 Kindern, Ehemann,
großem Haus ist voll mit Anforderungen und Verpflichtungen. Daneben
"plagt" mich seit 33 Jahren, mal mehr, mal weniger, mein Diabetes.
Im Sport finde ich den nötigen Ausgleich, die Kraft und die Motivation
mich immer wieder allen Erfordernissen zustellen, um eine möglichst
optimale Blutzuckereinstellung zu erreichen. Berge und das Bergsteigen
im speziellen üben da einen ganz besonderen Reiz auf mich aus.
Negative Erfahrungen im Punkto Bergsteigen habe ich glüchlicherweise
bisher nur einmal gemacht, dies Ende der 70er Jahre, als Blutzuckerselbstmessungen
noch nicht möglich und eine Insulindosisreduktion undenkbar war.
Heutzutage braucht niemand wegen seines Diabetes auf die Freude
in den Bergen zu verzichten. Mit vernünftiger Planung ( Ernährung,
Insulindosisreduktion ) und regelmäßigen Blutzuckermessungen hat
unsere Monte Rosa Expedition bewiesen, daß man alle Höhen meistern
kann. Als ganz toll und ungemein wichtig finde ich dabei das Engagemant
der Firma Lifescan, die Blutzuckermeßgeräte hinsichtlich ihrer
Zuverlässigkeit zu überprüfen. Das Erreichen der St. Vincent Pyramide
hat gezeigt - auf die ist wirklich Verlaß. Ingrid Nassir, Husum
Als mich Ulrike anrief und von dieser Tour erzählte, dachte ich:
"Was hat sie denn da wieder für eine verrückte Sache ausgeheckt!"
Nachdem ich aber die Unterlagen/ Tourenbeschreibung vom Institut
Dr. Schmidbauer bekommen hatte und diese sofort meinen Arbeitskollegen
zeigte, waren diese nicht wenig neidisch, alleine der Name "Expedition"
klang schon toll, sowie die Beschreibung der Tour, perfekt, wirklich
profihaft. Eines der Ziele der Expedition war die Erprobung von
Lifescan - Blutzuckermeßgeräten unter extremen Bedingungen, in
Höhe und Kälte. Alle Geräte von Lifescan haben diesen Test bestanden.
Ein weiteres Ziel: interessierten Diabetikern Mut zu machen, die
herrliche Bergwelt zu entdecken. Ich kann nach dieser Monte Rosa
Tour nur sagen: für geschulte Diabetiker mit entsprechender Kondition
ist es überhaupt kein Problem, diese wunderbare Gebirgswelt zu
erleben. Norbert Bastine, Wöllstadt Diese erste Tour war Anfang
und Test. Bei folgenden Expeditionen können die Ziele noch erweitert
werden, z.B. Messung des Sauerstoffgehaltes im Blut, tragen eines
Pulzfrequenzmeßgerätes, Messung in noch größeren Höhen etc. Mit
den Leuten hat es Spaß gemacht und noch ein wichtiges Ergebnis:
Diabetiker und Nichtdiabetiker haben sich weder in der Leistungsfähigkeit,
der Höhenanpassung, beim essen noch sonstwie unterschieden. Siegmar
Bader, Buch Als verantworliche Studienleitung galt meine erste
und größte Sorge natürlich der Sicherheit der Teilnehmer inmitten
dieser allgegenwärtigen und übermächtig erscheinenden Gletscherspalten.
Dann noch diese fast ehrfurchtgebietende Ausrüstung samt Steigeisen,
Eispickel, Seilschaften und diese unendlich hoch erscheinenden
Gipfelkuppen im ewigen Eis - und dabei noch Blutzuckermessen und
eine erfolgreiche Diabetestherapie durchführen.( Na ja, medizinisch
hatten wir nichts mehr zu befürchten, da unser begleitender Arzt
bedingt durch Höhenkrankheit ausgefallen war,) aber wie soll dann
die doch so empfindliche Sensortechnik der Blutzuckermeßgeräte
all diesen klimatischen und höhentechnischen Widrigkeiten trotzen
können. Doch die Technik hielt stand, die Lifescan Meßgeräte schlugen
sich genauso tapfer und erfolgreich wie alle diabetischen Gipfelstürmer.
Nothing can stop us now - zurück blieben neben all den glücklicherweise
völlig unbegründeten Sorgen und Zweifeln ein unbeschreiblicher
Blick von der St. Vincent Pyramide auf die uns umgebende Bergwelt
- in gleisendem Sonnenlicht, über den Wolken. Ich bin überzeugt,
wenn vielen Diabetikern solche oder ähnliche Eindrücke und Erlebnisse
zuteil würden, wäre es fast ein Kinderspiel, die St. Vincent Deklaration
erfüllen zu können. Denn eine solche Erfahrung läßt etwas zurück
- eine unbändige Motivation, sowas nochmal erleben zu dürfen und
dafür lohnt sich jeder Aufwand, den eine gute diabetische Stoffwechseleinstellung
halt so mit sich bringt. Danke den Bergkameraden und unseren finanziellen
wie organisatorischen Köpfen.
Ulrike Thurm, IDAA, München